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Unternehmen und die Einhaltung von Vorschriften – insbesondere im Hinblick auf Compliance: Risiken und Möglichkeiten unlauterer Wettbewerbspraktiken

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veröffentlicht am 8/11/2024 - Lesezeit: 4 Minuten

​​​​​​​​​​Das System der Haftung für unlauteren Wettbewerb stammt ursprünglich aus der Rechtsprechung und seine Grenzen, die insgesamt nicht klar umrissen sind, werden durch Präzedenzfälle, insbesondere durch Entscheidungen des französischen Kassationshofs, ständig erweitert. Diese mittlerweile fest etablierte und regelmäßig angewendete Rechtsauffassung ist die Grundlage für Klagen wegen unlauteren Wettbewerbs, bei Fällen, in denen ein Unternehmen sich nicht an bindende Vorschriften hält (1).

Als Folge dieser Rechtsauffassung besteht ein erhöhtes Prozessrisiko für Unternehmen, zumal die Gerichte den durch unlauteren Wettbewerb benachteiligten Unternehmen beim Nachweis des erlittenen Schadens sehr wohlwollend gegenüber eingestellt sind. Andererseits ergeben sich so gegebenenfalls auch Möglichkeiten, gegen Konkurrenten vorzugehen (2).

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1. Die Nichteinhaltung der Vorschriften als Grundlage für eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs

Der Kassationshof hat bereits 1984 entschieden, dass die Ausübung eines reglementierten Berufs, in diesem Fall der eines Taxifahrers, ohne die erforderlichen behördlichen Genehmigungen eine unlautere Wettbewerbshandlung darstellt (Cass. com., 16. Mai 1984, Nr. 83-11.678; diese Entscheidung wurde kürzlich vom Pariser Berufungsgericht auf das Unternehmen UBER in Bezug auf seinen Dienst „UBER POP“ angewandt: CA Paris, 4. Oktober 2023 - Nr. 21/22383).


Seitdem haben sowohl der Kassationshof als auch die Gerichte der darunterliegenden Instanz regelmäßig entschieden, dass die Nichteinhaltung einer im Rahmen der Geschäftstätigkeit geltenden Regelung durch ein Unternehmen eine unlautere Wettbewerbspraktik darstellt.


Dies war insbesondere der Fall bei Verstößen gegen die Vorschriften über:​

  • Ausverkaufszeiten (Cass. com., 18. Okt. 1994, Nr. 92-21.087);
  • Genehmigungen für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten (Cass. Com.,18. April 2000, Nr. 98-12.719);
  • die im frz. Gesetzbuch über geistiges Eigentum vorgesehene Vergütung für Privatkopien (Cass. 1ère Civ., 27. November 2008, Nr. 07-15.066);
  • die Baugenehmigung (Cass. Com., 19. Juni 2001 - Nr. 99-15.411);
  • den anwendbaren Mehrwertsteuersatz (CA Lyon, 31. Januar 2008, Nr. 06/05922);
  • irreführende Geschäftspraktiken ((Cass. com., 28. Sept. 2010, Nr. 09-69.272; CA Paris, 21. Mai 2014, Nr. 12/01417);
  • die Übernahme der Vermögenswerte eines Unternehmens in gerichtlicher Liquidation (Cass. Com., 17. März 2021, n°19-10.414).

In einem Urteil vom 27. September 2023 hat der Kassationsgerichtshof dieses Prinzip auf ein Regelwerk ausgeweitet, das in Frankreich und anderen Ländern der Welt immer mehr an Bedeutung gewinnt: die „Compliance“ und insbesondere die Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (sog. „LCB-FT“) nach Artikel L. 561-1 ff. des frz. Währungs- und Finanzgesetzes (Cass. com., 27. Sept. 2023, n° 21-21.995).

 

Das Kassationsgericht folgt bei seinem letzten Urteil klar der folgenden zweigliedrigen Argumentation:

  • Die Einhaltung der Vorschriften durch ein Unternehmen (hier die Verpflichtungen gemäß Artikel L. 561-1 ff. des Währungs- und Finanzgesetzes im Bereich der Bekämpfung von LCB-FT) führt zwangsläufig zu zusätzlichen Kosten für das Unternehmen;
  • So erhält ein Konkurrent, der diese Vorschriften nicht einhält, einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil, der den Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs erfüllen kann.

Diese Auffassung, die einer klaren und zwingenden Logik folgt, kann daher auf alle für Unternehmen geltenden Vorschriften angewendet werden.


Der Sachverhalt unlau​terer Wettbewerbspraktiken ist somit zwar relativ einfach zu konstruieren, doch zur Erhebung einer Schadenersatzklage muss außerdem nachgewiesen werden, dass ein Schaden vorliegt. Die Analyse der Rechtsprechung in diesem Bereich zeigt jedoch, dass diese vermehrt zugunsten des Geschädigten ausfällt.

 

2. Erleichterter Nachweis des Schadens, der aus unlauteren Wettbewerbspraktiken durch Verstoß gegen Gesetze oder Verordnungen entstanden ist

Da unlauterer Wettbewerb auf der Grundlage der zivilrechtlichen Haftung aus unerlaubter Handlung (Artikel 1240 des französischen Zivilgesetzbuches) geahndet wird, obliegt es gewöhnlich dem Geschädigten, das Vorliegen eines Schadens, dessen Umfang sowie den Zusammenhang mit den begangenen unlauteren Wettbewerbshandlungen nachzuweisen.


Der Kassationshof erleichtert die Beweislast der Geschädigten jedoch etwas, da er seit langem urteilt, dass bei unlauteren Wettbewerbshandlungen „zwingenderweise ein Schaden abzuleiten“ sei (Cass. Com., 22. Oktober 1985, Nr. 83-15.096), „selbst, wenn es sich dabei nur um immateriellen Schaden handelt“ (Cass. Com., 11. Januar 2017, Nr. 15-18.669). Damit hat der Kassationshof eine echte Schadensvermutung aufgestellt, die besteht, sobald der Beweis für unlautere Wettbewerbshandlungen erbracht wurde.


Doch selbst, wenn das Vorhandensein eines Schadens grundsätzlich automatisch anerkannt wird, muss sein Ausmaß noch nachgewiesen werden, was im Bereich des unlauteren Wettbewerbs nicht immer einfach ist. Der Kassationshof hat die Aufgabe des Geschädigten erneut erleichtert, indem er eine Berechnungsmethode vorschlägt, die auf einer zahlenbasierten Bewertung des unlauteren Vorteils - d. h. der sich daraus ergebenden Einsparungen - beruht, den der Schädiger aus den Handlungen gezogen hat (Cass. com., 12. Februar 2020, Nr. 17-31.614 - sog. „Cristal de Paris“-Urteil). So urteilte das Gericht, dass bei unlauterem Wettbewerb durch Gesetzesverstoß „der Schadensersatz unter Berücksichtigung des ungerechtfertigten Vorteils, den sich der Urheber der unlauteren Wettbewerbshandlungen zum Nachteil seiner Konkurrenten verschafft hat, berechnet werden kann, wobei der Vorteil im Verhältnis zum jeweiligen Geschäftsvolumen der betroffenen Parteien zu bemessen ist“.


Der Fall betraf zwei Gesellschaften, die im Bereich der Herstellung und des Verkaufs von Kristallglasprodukten miteinander konkurrierten. Eine Gesellschaft wurde von ihrer Konkurrentin beschuldigt, den Verbraucher über die Zusammensetzung, die Herkunft und die wesentlichen Eigenschaften der verkauften Produkte getäuscht zu haben, insbesondere indem sie durch die Verwendung der Bezeichnung „Made in France“ einen Wettbewerbsvorteil zum Nachteil ihrer Konkurrentin erhielt, die die geltenden Vorschriften einhielt. Das Berufungsgericht stellte somit fest, dass die irreführenden Geschäftspraktiken es der unlauteren Konkurrentin ermöglicht hatten, wesentlich niedrigere Selbstkostenpreise zu erzielen, so dass sie für die betreffende Produktreihe nur einen Mitarbeiter brauchte, während die geschädigte Konkurrentin acht Mitarbeiter beschäftigte. Die Lohnkostenersparnis der ersten Wettbewerberin wurde auf 300.000 Euro beziffert, ein Betrag, den sie der Klägerin zahlen musste.


Es sei angemerkt, dass die genannte Bemessungsmethode zwar existiert, aber nicht immer einfach umsetzbar ist. Die Berechnung der mit der Einhaltung der betreffenden Vorschriften verbundenen Kosten sind dabei ebenso Gegenstand heftiger Diskussionen zwischen den Parteien wie die Höhe der ungerechtfertigten Vorteile, die der Verursacher der unlauteren Handlungen tatsächlich erhalten hat. Die durch unlautere Handlungen geschädigte Seite hat logischerweise keinen Zugriff auf die Geschäftsunterlagen des Konkurrenten, was es erschwert, die vermuteten unrechtmäßigen Vorteile zuverlässig festzustellen und zu beziffern.

 

Um diese Anfangshürde zu erleichtern, hat ein Unternehmen, das bereits über eine Reihe an Indizien dafür verfügt, dass ein Konkurrent unlauteren Wettbewerb betreibt, die Möglichkeit, einen Richter einzuschalten, indem es auf der Grundlage von Artikel 145 der französischen Zivilprozessordnung einen Antrag stellt, also ohne Wissen des Konkurrenten. Mit diesem Verfahren kann insbesondere die Ernennung eines gerichtlichen Kommissars - eventuell in Begleitung eines IT-Experten - beantragt werden, der den Auftrag hat, sich zu dem betroffenen Konkurrenten zu begeben und Kopien von Dokumenten, Dateien und E-Mails anzufertigen und so die begangenen Verstöße festzustellen und das Ausmaß des entstandenen Schadens einschätzen zu können.

Basierend auf diesem Verfahren hat der Kassationshof übrigens, wie oben erwähnt, die Entscheidung gefällt, dass Verstöße gegen die LCB-FT-Vorschriften einen legitimen Grund für die Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen darstellen (Cass. com., 27. Sept. 2023, Nr. 21-21.995).


Wenn es dem geschädigten Unternehmen vorrangig um die Unterlassung der unlauteren Handlungen geht, durch die es sich geschädigt sieht, so kann es auf dem Wege einer einstweiligen Verfügung einen Richter einschalten, um den schuldigen Konkurrenten dazu zu verurteilen, die strittigen Praktiken unter Verhängung eines täglichen Zwangsgeldes einzustellen. In einem zweiten Schritt kann es dann den Richter in der Hauptsache anrufen, um eine Entschädigung für den erlittenen Schaden zu beantragen, wobei es gegebenenfalls die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragen kann, um das Ausmaß des Schadens genau zu beziffern.


Konklusion

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Potenzial für Streitigkeiten über unlauteren Wettbewerb in Wirklichkeit nur durch den Umfang der Vorschriften begrenzt wird, denen Unternehmen unterliegen.

Daraus ergibt sich ein reales Risiko von Rechtsstreitigkeiten für die Wirtschaftsakteure, die angesichts der Vielzahl an bestehenden Vorschriften oft Schwierigkeiten haben, diese systematisch umzusetzen.

Zumal manche Unternehmen dies wohlmöglich als Möglichkeit sehen, ihren Konkurrenten das Leben schwer zu machen.

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